Guy Ritchie war in den letzten Jahren zu produktiv: Er hat zwei Projekte pro Jahr, wenn man die Serienversion von Gentlemen mitzählt, an der der Autor beteiligt war. Auf der Aggregator-Website Rotten Tomatoes hat das neue Werk eine der höchsten Bewertungen der letzten 10 Jahre – irgendwo auf dem Niveau des abendfüllenden “Gentlemen”, viel höher nur bei “The Interpreter”.
Es geht um die gelungene Kombination aus einer schwungvollen Handlung, charismatischen Schauspielern, Humor und historischem Hintergrund. Der Ansatz erinnert ein wenig an die “Agents of A.N.C.L.” des Regisseurs oder eine leichtere Version von Tarantinos “Inglourious Basterds”.
1. Die fesselnde Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten
Während des Zweiten Weltkriegs wartet Großbritannien auf die Hilfe der amerikanischen Verbündeten. Doch deren Schiffe können die Insel nicht erreichen – sie warten auf U-Boote der Nazis. Um die deutsche Flotte lahmzulegen, wird eine kleine Gruppe unter der Führung von Gus March-Phillips (Henry Cavill) nach Fernando Po geschickt.
Das Team muss ein italienisches Versorgungsschiff und die dort stationierten Schlepper zerstören. Die Operation wird von Winston Churchill persönlich genehmigt, aber der Rest der Führung weiß nichts davon, so dass sich die Teilnehmer vor den Deutschen und ihren Kameraden verstecken müssen.
Der Titel zu Beginn des Films erklärt, dass die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht. Im Jahr 2016 freigegebene Dokumente enthüllten, dass die Operation Postmaster 1942 erfolgreich war und von Offizier Gus March-Phillips geleitet wurde. Das macht die Geschichte noch ein wenig spannender und fesselnder.
Es ist zu bedenken, dass Guy Ritchie nicht nach völliger Wahrhaftigkeit strebte, weder bei der Grundlage der Handlung noch bei den Details. Das Team, das den Fall gelöst hat, wurde auf ein paar Personen auf dem Bildschirm reduziert. Die Geschichte der Befreiung von Jeffrey Appleyard (Alex Pettyfer), einem der Teammitglieder, scheint einer anderen Zeit entnommen zu sein.
Das Ergebnis der Mission des Teams entpuppte sich als ein erzwungener Unfall – in Wirklichkeit hatten sie ursprünglich geplant, dem Schiff genau das anzutun, was im letzten Film gezeigt wurde. Allerdings sind einige scheinbar verrückte Details aus den Dokumenten übernommen worden. Zum Beispiel die Ablenkungsparty und die Explosion.
Noch lustiger ist, dass Ritchie eine der Nebenfiguren zum Geheimdienstler Ian Fleming (Freddie Foxx) macht – dem späteren Autor der James-Bond-Bücher. Es ist bekannt, dass er das Bild einer literarischen Figur von mehreren Persönlichkeiten des wirklichen Lebens abgeschrieben hat. Einer der Prototypen – eben Gus March-Phillips. Nach “Agents of A.N.C.L.” war es übrigens Henry Cavill, der von vielen für die Rolle des nächsten Agent 007 angefragt wurde – und das ist schon eine gewisse Meta-Ironie.
Aber im Großen und Ganzen sollte man von “Ministry of Ungentlemanly Affairs” keinen historischen Realismus erwarten. Vielmehr macht Ritchie in etwa das Gleiche wie Tarantino in “Inglourious Basterds”: Er nimmt eine historische Grundlage, macht daraus aber eine fast schon phantastische Attraktion. Es ist also besser, alle Argumente über Ungereimtheiten im Voraus beiseite zu legen und einfach den Spaß zu genießen.